Wie du deine Eifersucht überwindest und eine vertrauensvolle Beziehung aufbaust
Sobald deine Partnerin oder dein Partner alleine aus dem Haus geht, beginnt bei dir das Gedankenkarussell. Dein Kopf läuft auf Hochtouren. Geht er wirklich nur zum Fußballspiel mit seinen Freunden? Hat sie die Wahrheit gesagt und trifft sich tatsächlich mit ihrer Busenfreundin auf einen Kaffee? Was soll das überhaupt mit der Busenfreundin, was braucht sie sich mit dieser Frau ständig treffen und was besprechen die überhaupt. Oder hat man dich angelogen?
Solche oder ähnliche Fragen gehen dir vielleicht durch den Kopf und es tauchen die schlimmsten Befürchtungen und Bilder auf. Du wirst immer mehr von Ängsten und Zweifeln geplagt und zum Schluss bist du auf 100 und willst die Beziehung beenden, denn das hast du nun wirklich nicht nötig, dass du dich betrügen lässt. Du steigerst dich so rein, dass du bald nicht mehr unterscheiden kannst, zwischen wilder Phantasie und Spekulationen und begründeten Verdächtigungen.
Sobald dein Liebespartner dann zurückkommt, geht es mit Vorwürfen und Anklagen los. Du forderst Beweise und beschuldigst ihn oder sie der Untreue. Dein Gegenüber kann das schon alles nicht mehr hören, denn jegliche Rechtfertigung zieht bei dir nicht. Ein Wort ergibt das andere und schon ist ein heftiger Streit im Gange.
Böse Worte, Tränen, wenn es ganz besonders eskaliert vielleicht sogar Handgreiflichkeiten, dann Erschöpfung, Verletzung auf beiden Seiten und eisiges Schweigen. Irgendwann wollt ihr euch dann doch wieder näherkommen, es gibt Versöhnung und das Versprechen, beim nächsten Mal soll so etwas nicht mehr passieren.
Einige Zeit läuft alles gut. Doch sobald sich dein Partner wieder alleine mit ihm nahe stehenden Menschen trifft, geht das ganze wieder von vorne los. Obwohl du dir fest vorgenommen hast, dich diesmal zu beherrschen, es funktioniert einfach nicht. Irgendwann bist du wieder in dem gleichen emotionalen Fahrwasser und rastest aus.
Was kannst du tun, um deine Eifersucht wirklich in den Griff zu bekommen?
Ich werde dich jetzt sicher nicht mit Ratschlägen, wie „Lass los“ „Lerne zu vertrauen“ und Ähnlichem langweilen. Denn wenn du das tun könntest, hättest du das Problem schon lange nicht mehr. Vielmehr möchte ich dir aufzeigen, wo die Ursachen für dein Verhalten liegen können und wie du sie beseitigen kannst. Nur wenn die tatsächlichen Ursachen behoben werden, kannst du loslassen, Vertrauen aufbauen und dich in deiner Liebesbeziehung wirklich tiefer einlassen.
Beziehungsprobleme haben mit der aktuellen Beziehung wenig zu tun – die Ursachen liegen in der Kindheit
Daher wenden wir uns als erstes deiner Geschichte zu und untersuchen Erlebnisse in deiner Kindheit. Da ist meist der Hund begraben. Die wenigsten Beziehungsprobleme haben wirklich was mit der aktuellen Beziehung zu tun, außer dass der jeweilige Partner oder die Partnerin mit ihrem Verhalten deine „Knöpfe drückt“ und als Auslöser für den emotionalen Stress fungiert. Deine Partner sind aber nicht die Ursache des Problems. Die Ursachen sind meiner Erfahrung nach fast ausnahmslos in der Kindheit zu finden.
Dein Partner oder deine Partnerin ist nicht die Ursache des Problems
Denn in unserer Kindheit werden die Grundlagen für unsere Persönlichkeit gelegt und wir entwickeln aufgrund der Erfahrungen, die wir in dieser Zeit gemacht haben, unser Verhalten. Du warst als Kind in einer völlig abhängigen und bedürftigen Situation und konntest ohne Zuwendung von Erwachsenen, hier insbesondere von Mutter und Vater, nicht überleben. Alles was du in dieser Phase erlebt hast, hatte für das Kind in dir deshalb elementare Bedeutung. Du hast dich damals als Mittelpunkt jeglichen Geschehens empfunden und hast alles was passiert ist auf dich bezogen. Daraus haben sich in dir Überzeugungen über dich selbst, über Liebe und Beziehungen, über die Welt und über das Leben entwickelt. Damals konnte das Kind die Welt noch nicht über rationale Denkprozesse und Erkenntnisse begreifen, sondern es lernte in erster Linie über Fühlen und Empfinden.
Wenn du nun beispielsweise in den ersten drei Jahren deines Lebens bereits Trennungen und Verluste erlebt hast, insbesondere von Mutter und/oder Vater, dann erzeugt dies in dir ein tiefes Gefühl von Unsicherheit, Angst, Verlassenheit und Kummer.
Hier ein paar Beispiele für frühe Trennungserfahrungen:
- Deine Eltern trennen sich vor oder kurz nach deiner Geburt, oder in deinen ersten Lebensjahren und dein Vater verschwindet mehr oder weniger von der Bildfläche.
- Du wirst von deinen Eltern zur Adoption gegeben und wächst in einer anderen Familie auf.
- Deine Mutter oder dein Vater sterben schon in deiner Kindheit.
- Du wirst bereits mit zwei Monaten zur Oma gegeben, weil deine Mutter arbeiten muss.
- Du wirst krank und musst ins Spital, wo du plötzlich in einer fremden Welt, in einem geschwächten, körperlich labilen Zustand auf dich allein gestellt bist.
In all diesen Situationen erfährt das Kind einen Vertrauensverlust. Es fühlt sich allein gelassen und verraten, denn die Bezugspersonen, die für das Kind in dieser Lebensphase Sicherheit und Geborgenheit bedeuten, sind plötzlich aus unerklärlichen Gründen weg. So ist zumindest das kindliche Empfinden und das erzeugt einen Schock.
Diese Erfahrung ist traumatisch für das Kind und es fühlt sich allein gelassen und mit Existenzangst konfrontiert.
Um den Schmerz und die Angst nicht ertragen zu müssen, verschließt es sein Herz. Denn der Schmerz in dieser Situation wäre unerträglich gewesen und deshalb wird er abgespalten und verdrängt. Dadurch ist er jedoch nicht aufgelöst. Das Kind verfällt in eine emotionale Schockstarre und im Inneren entscheidet etwas: „Nie wieder darf so etwas passieren.“
Das Verdrängen verbraucht viel Energie und erfordert außerdem gerade die Menschen, die man liebt, emotional auf Abstand zu halten.
Denn Liebe und Zuwendung sind im Unterbewusstsein durch die frühe Trennungserfahrung mit Verlust, Trauer und Schmerz gekoppelt.
Daher sind Menschen, die man liebt gleichzeitig eine Gefahr, denn sie bringen automatisch durch ihre Anwesenheit den alten Schmerz zum Klingen und erzeugen Angst, wieder Verlust zu erfahren.
Wird die betroffene Person als Erwachsener in einer Liebesbeziehung mit einem Hauch von Verlassenheit konfrontiert, also beispielsweise die Partnerin oder der Partner trifft sich allein mit Freunden, taucht der nicht verarbeitete Schmerz aus der Kindheit ins Bewusstsein auf. Er wird auf die aktuelle Situation projiziert. Das Verhalten des Partners wird zum Grund des Übels und das Bedürfnis nach Kontrolle der Situation steigert sich ins Unermessliche, denn im Inneren reagiert das traumatisierte Kind, dass diesen schmerzhaften Verlust erlitten hat.
Es wird ein Alarmprogramm gestartet, dass mit aller Macht versucht, von dem damaligen Schmerz abzulenken und das Verlustgefühl und die Angst zu verdrängen, die jetzt vehement ins Bewusstsein dringen. Niemand anderer soll der geliebten Person zu nahekommen, denn die Zuwendung zu jemandem anderen, bringt den damaligen Trennungsschmerz hoch. Also reagiert man mit Eifersucht und Misstrauen und versucht den Partner über Gebühr festzuhalten, zu binden und zu kontrollieren.
Frühe Trennungserfahrungen erzeugen in dem inneren Kind ein Minderwertigkeitsgefühl
Da das Kind die Welt aus seiner subjektiven Perspektive wahrnimmt, entwickelt es Überzeugungen über sich und seinen Wert, die aufgrund der frühen Trennungserfahrung eher negativ ausfallen. Also zum Beispiel mit mir stimmt etwas nicht, ich bin nicht liebenswert, deshalb hat mich Papa oder Mama oder beide verlassen. Oder ich bin schuld, dass Papa weg ist, ich war böse. Diese Überzeugungen haben mit der realen Situation wenig zu tun, denn ein Kind ist nie schuld an der Trennung der Eltern oder an dem Verlust eines Elternteils. Trotzdem fühlt sich der Betroffene schuldig, nicht ok und minderwertig, obwohl ihm oder ihr, dass meist überhaupt nicht bewusst ist.
Um das zu kompensieren, versucht dieser Mensch dann in Beziehungen möglichst perfekt zu sein, bemüht sich sehr und strengt sich enorm an, um sich die Liebe des anderen zu sichern beziehungsweise zu „verdienen“. Doch im Inneren bleiben die alten Zweifel und die Unsicherheit darüber, ob man liebenswert ist und ob der andere bei einem bleibt. Dieses Bemühen fühlt sich für den anderen meist auch nicht besonders gut an. Man merkt, dass es zu viel ist oder zu angestrengt ist und außerdem verhindert es echte Begegnung. Denn die ist nur möglich, wenn beide möglichst authentisch, selbstsicher und offen sind.
Die drei wichtigsten Schritte um Eifersucht zu überwinden:
- Schritt: Du erkennst die wahren Ursachen und beginnst zu verstehen, warum du eifersüchtig bist
- Schritt: Du gibst deinem inneren Kind mit alle seinen Emotionen und seinem Kummer Raum heilst die Trennungswunde
- Schritt: Du etablierst in deiner Beziehung Zeit und Struktur für „echte Begegnung“
Du siehst, das Geschehen ist ganz schön komplex. Daher braucht es mehrere Schritte für eine Lösung. Als erstes ist schon mal gut zu wissen, warum man mit Eifersucht reagiert. Zweitens ist wichtig, dem inneren Kind mit seinem Schmerz Raum zu geben. Dafür ist fachlich kompetente Begleitung sinnvoll. Denn alleine schafft man das meist nicht. Damit sich tiefer Schmerz zeigen kann, braucht es einen sicheren Rahmen, eine Person, die mit der Situation umgehen kann und den Schmerz mitträgt und als Zeuge fungiert.
Das Kind in dir braucht Mitgefühl und jemanden, der es auffängt und trotzdem die nötige Distanz bewahrt und dir hilft, das belastende Gefühl zu verarbeiten. Denn sobald sich der ganze Schmerz, die Trauer, die Verlassenheit, das Misstrauen, die Wut oder der Ärger zeigen und entladen können und du beginnst, die Zusammenhänge zu verstehen, dann verschwindet nach und nach auch die Eifersucht. Wenn der Schmerz und die belastenden Emotionen vergehen, braucht es das Alarmprogramm nicht mehr, du kommst zur Ruhe und kannst viel entspannter reagieren.
In dem Wort Eifersucht steckt das Wort Sucht und Suche. Du bist süchtig nach Aufmerksamkeit, ohne dass diese wirklich dort ankommt, wo sie gebraucht wird, nämlich bei dem verlassenen Kind in dir. Die dramatischen Eifersuchtsszenen sind eine Ersatzhandlung, die zwar für viel emotionalen Wirbel sorgt, bei der aber beide Partner leer ausgehen. Sobald du dich beginnst allein zu fühlen, forderst du vom Partner Aufmerksamkeit und machst ihm eine Szene. So muss er oder sie sich mit dir beschäftigen. Du bekommst Zuwendung, wenn auch nicht im positiven Sinne. Denn statt das verlassene Kind in dir selbst an die Hand zu nehmen und mit Selbstliebe zu nähren, forderst du Aufmerksamkeit vom anderen, doch diese Art der Aufmerksamkeit bewirkt weder Heilung noch Veränderung, denn sie kommt bei dem inneren Kind gar nicht an. Und so beginnt ein Kreislauf, der innerhalb der Beziehung meist nicht gelöst werden kann, da dein Partner unter dieser Situation genauso leidet und sich durch dein Verhalten zurückgewiesen und verletzt fühlt und dann mit seinen Mechanismen „zurückschlägt“.
Eifersucht ist die verzweifelte Suche nach Liebe und Zuwendung, nur an der falschen Adresse
Dein Partner oder Partnerin können diese Sehnsucht nicht erfüllen, selbst wenn sie sich große Mühe geben. Du musst dieses Gefühl an die ursprüngliche Adresse senden und das ist in den meisten Fällen deine Mutter oder dein Vater. Hier muss sozusagen auf Seelenebene die Verbindung energetisch und emotional erneuert oder überhaupt erst geknüpft werden. Sobald dies gelingt, bist du frei und kannst dich viel sicherer und tiefer auf eine Liebesbeziehung einlassen. Denn mit der neu geknüpften seelischen Verbindung zu Mutter und Vater fühlt sich das innere Kind angekommen, sicher und geborgen.
Was es dann noch braucht, kannst du selbst übernehmen. Das ist wichtig, denn alles was du denkst und fühlst, liegt in erster Linie in deiner Verantwortung, nicht in der deines Partners.
Wenn du dieses verletzte innere Kind in dir beginnst mit seinen Gefühlen ernst zu nehmen und seinen Kummer zu verstehen, dann wird sich das Kind in dir sicher, angenommen und geliebt fühlen. Mit diesem neu gewonnen Selbstvertrauen kannst du mit deinem Partner nun viel offener und vertrauensvoller umgehen. Wenn die ursächliche Situation geheilt wird, vergeht diese bedrückende Existenzangst. Dir wird klar bewusst, dass du auch ohne Partner gut überleben kannst, denn du bist nicht mehr das abhängige Kind von damals, sondern eine erwachsene Frau oder ein erwachsener Mann, der auf eigenen Füßen steht und mit Trennung und Verlust heute viel leichter fertig wird. Das nimmt Druck heraus und führt zu mehr Lockerheit im Umgang mit einander.
Sich mit dem Partner Zeit nehmen für echte Begegnung
Der dritte Schritt ist Zeit für Kommunikation und echte Begegnung. Das bedeutet sich mit dem Partner wirklich Zeit zu nehmen, um sich über das eigene Innenleben auszutauschen. Hilfreich ist dabei einen strukturierten Ablauf zu befolgen. Also zum Beispiel hat jeder eine halbe Stunde Redezeit, wo der andere nur zuhört. In dieser Phase baust du zu deinem Partner durch aufmerksames, aktives Zuhören eine Brücke und klopfst ganz sanft an die Tür zu seiner Seelenwelt. Du wartest, ob der andere bereit ist, dich in seiner Welt als Gast zu empfangen und dir sein Reich zu zeigen. Du darfst diese Welt nur betreten, wenn du deine Urteile zurücklässt und offen und neugierig bist, ihm oder ihr in seiner einzigartigen Vielschichtigkeit zu begegnen und achtsam mit der offenbarten Verletzlichkeit umzugehen.
Wenn du GastgeberIn bist, dann zeige deinem Partner deine geheimen, verletzlichen Stellen. Erkläre ihm deine Angst, deine Verlustgefühle, deine Scham oder Schuld, erzähle ihm oder ihr, von deinen Erfahrungen und was du dabei empfunden hast und wie sich das auf die Begegnung mit ihm im hier und jetzt auswirkt. Wenn du deine Verletzlichkeit in die Beziehung einbringst, kann Nähe und Verständnis für einander entstehen und Vertrauen wachsen. Denn dann kann der andere dein Verhalten besser nachvollziehen und erkennen, dass es mit ihm oder ihr gar nichts zu tun hat. Die Zuwendung, die du so empfängst, bekommt auch das innere Kind zu spüren und wird wirklich in der Beziehung genährt. Es gewinnt Sicherheit, Freude und Unbeschwertheit und lernt mit dem Liebespartner unbefangen und offen umzugehen. Die Schatten der Vergangenheit verschwinden und eure Beziehung gewinnt so immer mehr an Harmonie und Tiefe.